Interview mit dem IKF-Dozenten Jochen Robes
IKF: Herr Dr. Jochen Robes, Sie sind selbständiger Berater Human Resources, Corporate Learning, eLearning, Wissensmanagement, Web 2.0, und dozieren an verschiedenen Hochschulen und Weiterbildungsinstitutionen. Bei uns am IKF unterrichten Sie in den CAS eLearning - Bildung digital und CAS Wissensmanagement & Organisationales Lernen. Sie geben Impulse zu Themen wie: neue Lernansätze und -Szenarien, Aufgaben, Rollen und Kompetenzen von Bildungsexperten, Lernen und Wissensmanagement in Organisationen. Was schätzen Sie am meisten in Ihrem Tätigkeitsfeld?
Dass es nie stehenbleibt. Das trifft natürlich für fast alle Tätigkeiten zu, aber die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung ist gerade in Bereichen wie Weiterbildung und Wissensmanagement besonders spürbar. Rollen, Aufgaben und Möglichkeiten des Lernens verändern sich und gleichzeitig trifft es hier alle Beteiligten in ihren oft fest verwurzelten Routinen und Gewohnheiten. Hinzu kommt, dass ich im Alltag immer wieder zwischen Unternehmen, Hochschulen und den verschiedenen Bildungs-Communities wechseln darf. Das macht es spannend und herausfordernd zugleich.
IKF: Den CAS eLearning - Bildung digital gibt es am IKF schon seit mehr als 10 Jahren. Sie sind in diesem Kurs nun auch schon seit vielen Jahren als Dozent dabei. Was gefällt Ihnen besonders am Unterricht bei uns? Wie erleben Sie die Teilnehmenden?
Die Teilnehmenden stehen oft voll im Berufsleben und bringen ihre Erfahrungen und Projekte mit. Wenn es gut läuft, kann man sich als Dozent zurücknehmen, und der Erfahrungsaustausch mit den und zwischen den Teilnehmenden rückt in den Vordergrund. Und dieser Idealfall ist im CAS eLearning fast die Regel.
IKF: Das Interesse an unserem CAS eLearning - Bildung digital ist ungebrochen, wenngleich sich die Kursinhalte über die Jahre geändert haben. Sie haben die Entwicklung vom computergestützten Lernen über LMS, Intranets, MOOCs, Social Networks usw. erlebt. Bereits seit 2003 betreiben Sie Ihren eigenen Weiterbildungsblog. Dafür wurden Sie 2008 sogar zum “wichtigsten Bildungs-Blogger Deutschlands” gekürt. Man darf Sie also mit Fug und Recht als Experte auf diesem Gebiet bezeichnen.
Wie meinen Sie, ist das Verständnis von eLearning heute, im Vergleich zu früher? Lernen wir heute anders?
Natürlich ist heute eLearning viel selbstverständlicher geworden. Man muss niemanden mehr von den Möglichkeiten neuer Technologien in der Weiterbildung überzeugen und die Teilnehmenden im CAS eLearning erst recht nicht. Aber damit haben sich auch die Aufgaben verändert, die mit dem Thema verbunden sind. Vor einigen Jahren standen noch inhaltliche und technische Fragen im Vordergrund: Wie man ein Web-based Training entwickelt, wie man Inhalte und Aufgaben multimedial präsentiert, wie man Lernmodule in eine Lernplattform integriert. Heute sprechen wir von digitaler Bildung oder Bildung in einer digitalisierten Welt. Wir haben neue, offene Bildungsmärkte im Netz, wir sprechen über digitale Kompetenzen und über die Selbstverantwortung der Lernenden in Unternehmen und Organisationen und über die Frage, wie man sie auf diesem Weg begleitet und unterstützt. Dass macht das Thema eLearning breiter und vielfältiger, aber auch herausfordernder.
IKF: Und was kommt als Nächstes? Werden uns VR-Brillen, Alexa, Siri, Chatbots etc. beim Lernen unterstützen – oder gar behindern? Welche Trends sehen Sie auf Erfolgskurs?
Wie viel Zeit haben Sie? Aber vielleicht erzähle ich an dieser Stelle kurz von einer Online-Umfrage, die wir kürzlich im Rahmen der Messe Zukunft Personal durchgeführt haben: Auf die Frage nach den Lerntechnologien und Bildungsformaten, die 2019 wichtig werden, haben die Befragten Microlearning, Mobile Learning und Video-based Learning auf die ersten Plätze gesetzt. Und auf die Frage nach den wichtigen Themen steht die «Entwicklung digitaler Kompetenzen» ganz oben, gefolgt von «Steigerung von Lernmotivation und Selbstlernkompetenzen» und «Agile Werte- und Kompetenzentwicklung».
Virtual und Augmented Reality, Künstliche Intelligenz und Chatbots sind auch auf der Liste, werden natürlich heiss diskutiert, aber prägen das Tagesgeschäft der Bildungsexperten noch nicht. Hier fehlt es oft noch an Best Practices, um die Möglichkeiten dieser Entwicklungen im Arbeits- und Bildungsalltag richtig einschätzen zu können.
IKF: Joel Luc Cachelin, der am IKF im CAS Digitale Transformation unterrichtete, hat 2014 behauptet „Das Wissensmanagement ist tot.“ Was ist Ihr Standpunkt dazu?
Ja, mit dem Zitat arbeite ich auch gerne. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sagt Joel Luc Cachelin ja, dass das Wissensmanagement «as we know it» tot ist, also das alte Wissensmanagement, das vor allem organisieren, dokumentieren und archivieren will. Das neue Wissensmanagement dagegen nimmt die Dynamik der Netze und Vernetzung auf, setzt auf ihre Plattformen und Dienste und liegt mehr und mehr in den Händen der Mitarbeitenden. Und das «lebt», und da nicke ich natürlich.
IKF: In unserem CAS Wissensmanagement & Organisationales Lernen geht es auch um organisationales Lernen. Wo stehen Ihrer Meinung nach Organisationen heute beim Aufbau, Erhalt und Erweiterung von Wissen?
Nach meiner Einschätzung überlegen viele Organisationen gerade, ob sie sich schrittweise, nennen wir es «evolutionär», mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung und digitalen Bildung auseinandersetzen. Also da, wo es passt, Angebote und Services zu modernisieren. Oder, ob nicht jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, sich als Bildungsorganisation bzw. Lernende Organisation noch einmal neu aufzustellen. Sich also systematisch zu fragen, wie Weiterbildung, Wissensmanagement und Lernen zukünftig in der Organisation aussehen sollen, welche Anforderungen alte und neue Zielgruppen stellen, wie entsprechende Lernangebote und Lernaktivitäten aussehen müssen, und welche Lernumgebungen, welche Kompetenzen der Weiterbildner und welche internen Prozesse man dafür benötigt. Auf welche Seite das Pendel schlägt, ob «evolutionär» oder «strategisch», hängt schlussendlich vom Einzelfall ab. Oft von der Geschäftsführung bzw. Leitung der Organisation.
IKF: Was denken Sie, welche Kompetenzen sind darum heute besonders von eLearning und Wissensmanagement Beauftragten in Organisationen gefordert?
Die mit eLearning und Wissensmanagement Beauftragten sind ja so etwas wie die Rollenmodelle und Vorbilder in ihren Organisationen. Wenn sie nicht von den neuen Möglichkeiten und Notwendigkeiten des Lernens und des Erfahrungsaustauschs überzeugt sind, werden es die Mitarbeitenden in ihren Organisationen auch nicht sein. Und auch eine Geschäftsführung wird sich schwerer tun, dem Thema mehr Gewicht zu geben. Das bedeutet, dass ihre digitalen Kompetenzen das Nadelöhr sind, durch das viele Entwicklungen müssen.
IKF: Und noch eine persönliche Frage zum Schluss: Wo trifft man Sie am ehesten, wenn Sie «offline» sind?
Auf dem Rennrad im Frankfurter Umland. Wobei «offline» … Das Smartphone habe ich natürlich mit. Und das GPS am Radcomputer ist auch aktiv. Die Livedaten von der Strecke sind auf Runtastic zu sehen. Und nachher lade ich die Strecke auf Strava, das Netzwerk für Lauf- und Radverrückte, hoch. Okay, streichen wir besser «offline»!
Herzlichen Dank für Ihre Antworten, Herr Robes! Wir freuen uns bereits jetzt auf spannende Kurstage mit Ihnen in diesem Herbst am IKF.